... Geowissenschaften sind spannend ...

Ein Rundgang durch die Geowissenschaften
von
Gerhard Wörner Abteilung Geochemie im GZG

24) Wie sieht nun die Ausbildung aus ? Wir brauchen keineswegs nur "starke Männer" wie diesen hier auf einem Vulkan in den Anden. Aber alle sollten eine Begeisterung für die Naturbeobachtung mitbringen und "geländetauglich" sein.
25) Ein wichtiger Aspekt der Ausbildung ist die Geländearbeit, aber lassen Sie sich nicht täuschen, es gibt auch andere wichtige Aspekte, wie Laborarbeit und die Notwendigkeit der Anwendung physikalischer und chemischer Untersuchungsmethoden. Dieses Bild zeigt eine unserer Exkursionsgruppen auf einem 5100 m hohen Vulkan in den Anden Südamerikas. Hier können sie lernen, wie Gebirge aufgebaut und entstanden sind , welche Ursache und Auswirkungen der Vulkanismus dort hat. Die Rohstoffe in den Anden wurden schon erwähnt.
26) Eine andere Exkursion auf die Kanarischen Inseln, man erkennt, daß man genau hinschauen muß, eine Lupe ist immer dabei.

27) Ein typisches Ergebnis der Geländearbeit ist eine Geologische Karte, auf der die Gesteinsarten, deren Lagerung sowie Störungen eingetragen sind. Solche Karten bilden die Grundlage für eine große Zahl von Fragestellungen :

- Wo finde ich Lagerstätten ?
- Wie sind die Schichten gelagert, z. B. im Bereich eines Tunnels oder einer Talsperre ?
- Wo gibt es wasserführende Schichten im Untergrund, die ich für eine Trinkwasserbohrung nutzen kann ?
- Wie jung sind die Störungen in den Gesteinsschichten, gibt es noch aktive Erdbewegungen ?
- Wo gibt es festen Baugrund und wo sollte man lieber keine Hochhäuser hinbauen ?

In der geowissenschaftlichen Ausbildung werden Sie lernen, solche Karten zu erstellen und zu nutzen.

28) Für die geologische Erkundung und die Erstellung von Karten sind zunehmend die Satellitenbilder wichtig geworden. Auf solchen Bildern erkennt man die großräumigen Strukturen viel besser und mit unterschiedlichen Wellenlängen der Aufnahmekameras können verschiedenen Oberflächen- und Gesteinscharakteristika herausgefiltert werden. Zur Zeit befindet sich in Göttingen ein neues Zentrum für Fernerkundung im Aufbau, wo sie diese Dinge und die Anwendung auf geowissenschaftliche Fragestellungen lernen können.

29) Auf die Laborarbeit wurde schon hingewiesen. In den Geowissenschaften werden spezielle Mikroskope eingesetzt, mit denen man dünn geschliffene Scheiben von Gesteinen und Mineralen genauestens betrachten kann. Neben solchen optischen Mikroskopen gibt es auch bei uns elektronische Mikroskope.

30) Hier ein Bild eines solchen "Dünnschliffs" im Mikroskopbild. Die unterschiedlichen Farben zeigen verschiedenen Minerale und deren unterschiedliche räumliche Anordnung an. Man erkennt deutlich die Korngrenzen zwischen den Mineralen, die etwa einen 1/4 mm Durchmesser haben. Das optische Mikroskop zeigt also nicht nur, welche Minerale in einem Gestein sind, sondern auch, wie sie miteinander verwachsen sind. Das ist zum Beispiel für die Beurteilung der (Stand-)Festigkeit von Gesteinen wichtig. Hier handelt es sich um eine Gesteinsprobe eines Gesteins aus dem Erdinneren aus ungefähr 60 km Tiefe.

31) Nicht nur der strukturelle Aufbau des Materials, sondern auch die chemische Zusammensetzung der Gesteine und Minerale ist wichtig, zum Beispiel um chemische Kontamination von Böden festzustellen. Mit diesem Gerät, einer Elektronen-Mikrosonde, die bei uns in den Geowissenschaften betrieben wird, können chemische Analysen von kleinsten Proben, im sub-mm Bereich bestimmt werden. Ein solches Gerät gehört also wie der Hammer auch zu unserem Handwerkszeug.

32) Und schließlich die absolute Altersbestimmung, ohne Altersbestimmung könne wir keine präzisen Aussagen über die geologische Vergangenheit treffen. In diesem Labor in Göttingen werden anhand des Zerfalls natürlicher radioaktiver Elemente (des Kalium) das Alter von Gesteins- und Mineralproben bestimmt. Dies ist nur eines solcher Labore bei uns, andere nutzen die Produkte des natürlichen Zerfalls von Uran und Thorium in den Gesteinen.

33) Hier ein Beispiel für die detektivische Arbeit der GeowissenschaftlerInnen, mit der wir vergangene Umweltbedingungen rekonstruieren: Diese Aufnahme zeigt die Anlagerung von Eisenoxid auf den Kieskörnern eines Filterbetts in einem Wasserwerk. Deutlich sind, wie zuvor bei den Schichten der Seesedimente, die zeitliche Ablagerung in Lagen zu erkennen. Das Wasserwerk wurde vor einigen Jahrzehnten in Betrieb genommen. Das nächste Bild ...

34) ... zeigt nun die chemische Zusammensetzung dieser Anlagerungen: die unterschiedlichen Farben repräsentieren unterschiedliche Konzentrationen in den Abscheidungen, die Geschichte der Wasserzusammensetzung und Qualität ist damit aufgezeichnet. Im unteren Tel der Abbildung wurde mit einer Lasersonde zusätzlich die Konzentration des Bleis gemessen. Man erkennt deutlich den Anstieg des Bleis durch die Verschmutzung als Folge des Blei-haltigen Benzins, das früher verwendet wurde. Erst ab Anfang der 80er Jahre gehen die Bleiwerte wieder zurück, nachdem die bleihaltigen Zusätze nicht mehr beigemischt wurden. Die Bleigehalte im Wasser sind über die ganze Entwicklung aufgezeichnet worden.

35) Ganz ähnlich kann man bei der Rekonstruktion von vulkanischen Ereignissen vorgehen. Diese Bild zeigt den inneren chemischen Aufbau eines Kristalls, der in einem Magma vor der Eruption gewachsen ist. Wie Baumringe lagern sich die verschiedenen Wachstumsringe ab und belegen so die chemischen und physikalischen Bedingungen in der Magmakammer vor der Eruption.

36) Mit dem gleichen Gerät können - wie hier - die mineralische und chemische Zusammensetzung von Nierensteinen bestimmt werden. Bei diesem Prachtexemplar handelt es sich um den Nierenstein eines Verwandten des Laborleiters.

37) Eine weitere physikalische Untersuchungsmethode ist das Elektronenmikroskop. Mit diesem Gerät kann man den inneren Aufbau von Mineralen abbilden. Hier handelt es sich um ein Tonmineral (Kaolin) das in sehr feinen, dünnen Plättchen vorliegt.

38) Von der Seite angeschaut, sieht man im Transmissions-Elektronenmikroskop sogar den schichtigen atomaren Aufbau, die Vergrößerung ist sehr stark, der Maßstab beträgt 300 Angström (Ein Angström sind 1/10 Milliardstel Meter ). Dieser schichtige Aufbau ist für die besondere Eigenschaft von Tonen verantwortlich, die man technisch nutzt.

39) Neben der Keramik wird Ton heute dafür verwendet, an der Basis von Mülldeponien eine Dichtungsschicht einzubauen, die verhindern soll, daß das aggressive und giftige Deponiewasser ins Grundwasser gerät. Nur muß man natürlich den richtigen Ton nehmen und auch genau aufpassen, ob dessen günstige Mikrostruktur sich nicht unter der Wirkung der aggressiven Lösungen verändert. Hier sind mineralogische Untersuchungen mit Röntgen- und Elektronenstrahlen notwendig.

40) Die innere Struktur bestimmt also immer auch die physikalischen Eigenschaften der Gesteine und Minerale : Hier ein natürlicher Diamant (Foto: Olaf Medenbach, Bochum), das härteste Material das es überhaupt gibt. Woraus besteht er ??? Aus reinem Kohlenstoff, den wir auch als weichen Ruß kennen. Die Bindung und räumliche Anordnung seiner Atome bestimmen die Eigenschaften.

41) Dies ist das weichste Material was es unter den Mineralen gibt, es ist auch Kohlenstoff, aber diesmal Graphit (Foto: Olaf Medenbach, Bochum). Der hat also die gleiche Zusammensetzung aber einen anderen inneren atomaren Aufbau. Die guten Eigenschaften des Graphit wird genutzt als Zugabe zu Schmiermitteln.

42) Auch der Rubin (Foto: Olaf Medenbach, Bochum), hier ein natürlicher roter Kristall, hat besondere Eigenschaften, die sich technisch nutzen lassen. So ist dieses Material, reines Aluminium-Oxid, besonders widerstandsfähig gegen Korrosion. Im Bereich der technischen Mineralogie werden Al2O3 - Kristalle künstlich gezüchtet und als "Fenster" in Reaktionskammern in der chemischen Industrie eingebaut.

43) Ein weiteres Beispiel, das Ihnen zeigen soll, wie Minerale aus der Erde eine technische Anwendung erfahren : Dies ist ein Mineral mit dem Namen "Zeolith" (Foto: Olaf Medenbach, Bochum). Sie haben das wohl alle schon mal in den Händen gehabt, wenn Sie Ihre Waschmaschine gefüllt haben. Es ist ein Mineral mit einer ganz besonderen atomaren Struktur, die große leere "Käfige" aufweist. In diese Käfige können andere Atome eingelagert werden. Als sogenannte Ionenaustauscher finden sich Zeolithe in allen Waschmitteln. Allerdings haben nicht alle natürlichen Zeolithe die genau richtigen "Käfige", ...

44) ... daher müssen neue Minerale gezüchtet werden, die ganz bestimmte, gewollte Eigenschaften aufweisen. Dies ist ein solcher gezüchteter Zeolith-Kristall (eigentlich sind es zwei mit einander verwachsene Kristalle, Foto: Olaf Medenbach, Bochum).

45) Und das letzte Beispiel kennen Sie alle : Steinsalz, in sauberer Form, Kochsalz, NaCl. Es zeigt auf diesen natürlich gewachsenen Kristallen eine schöne regelmäßige symmetrische Kubus-Form. Die äußere Form spiegelt ...

46) ...genau den inneren atomaren Aufbau wider, bei dem abwechselnd ein Na-Atom und ein Cl-Atom in regelmäßigen Abständen neben- und übereinander angeordnet sind. Steinsalz hat aufgrund des Aufbaus die Eigenschaft, unter Druck langsam plastisch zu fließen. Steinsalz baut aber auch viele Einschlüsse von Salzlösung ein, die als Salzlauge freigesetzt werden. Beides hat die Salzstöcke als sicheren Lagerort für Gift- und Atommüll in Verruf gebracht. Auch hier haben geowissenschaftliche Erkenntnisse direkte gesellschaftliche Bedeutung.

Dieser Spaziergang durch die Geowissenschaften, vom Ursprung der Erde, über die Wechselwirkungen zwischen den Erdsphären, der Klimaproblematik und den unterschiedlichen Untersuchungsmethoden bis hin zur technischen Anwendung und sogar Züchtung von Mineralen sollten Ihnen einen Überblick verschaffen. Die Geowissenschaften sind ein sehr vielfältiges Fach, mit zahlreichen Aspekten und Anwendungen. Wir betreiben Grundlagenforschung, die uns die Entstehung und Entwicklung unserer Erde besser verstehen läßt. Aber wir bieten auch eine Ausbildung, die sie befähigt mit exakten naturwissenschaftlichen Methoden die Probleme unserer Welt anzugehen. Dazu gehört ein Spektrum von Bergstürzen bis zur Grundwasserqualität, von der Veränderung der Lebensräume bis zur Rohstoffsicherung, von der Analyse der Umweltverschmutzung bis zur Nutzung technisch wichtiger Materialien.

Wir bieten keine Ausbildung, die gezielt auf ein bestimmtes Arbeitsfeld abhebt. Aber wir befähigen Sie, mit naturwissenschaftlich fundierten Methoden und der Kenntnis wissenschaftlicher Arbeitsweisen gewappnet Ihren Beitrag zur Umweltsicherung und für eine nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die Arbeitsbereiche liegen in Umweltbüros, einschlägigen Behörden und Verwaltungen, der Rohstoffindustrie, Steine und Erden sowie Glasindustrie, der Versicherungswirtschaft und nicht zuletzt im Bereich der Forschung.

Der Bachelorabschluß in unserem Studiengang bietet ihnen die zusätzliche Flexibilität entweder das Studium zum Diplom zu vertiefen oder eine andere Ausbildungsrichtung draufzusetzen.

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Georg August Universität Göttingen